Vielleicht hast du schon gehört, dass es hilfreich es ist, die eigenen Werte gut zu kennen, weil sie dir helfen, Entscheidungen nachhaltiger zu treffen. Doch weißt du auch, dass wir uns sogar schaden, wenn wir Werte leben, die gar nicht unsere eigenen sind, weil wir sie von Bezugspersonen unhinterfragt übernommen haben? Wenn dich das interessiert, dann wirst du in meinem Blogartikel sicher spannende Erkenntnisse für dich mitnehmen können.
HÖR HIER IN DIE FOLGE REIN
1. Werte sind oft mächtiger als uns das bewusst ist
Über Werte ist es hilfreich zu wissen, dass sie wie eine Art innerer Kompass für uns sind. Sie steuern uns von innen heraus – ob wir das wollen oder nicht. Sie existieren, weil hinter ihnen Bedürfnisse stehen, die unbedingt erfüllt werden möchten. Und wenn diese Bedürfnisse nicht erfüllt werden, dann geht es uns nicht gut.
Wenn mir zum Beispiel ein freundlicher Umgang grundsätzlich sehr wichtig ist, dann wünsche ich mir – und das ist sehr typisch für Werte – dass ich auch von anderen freundlich behandelt werde. Wenn das aber nicht so ist, dann macht das etwas mit mir. Von daher ist es auch so hilfreich, die eigenen Werte gut zu kennen, denn man kann so sein soziales Umfeld bewusster wählen und pflegen – sowohl im privaten Umfeld, aber auch im Arbeitsumfeld.
Mit Hilfe von Werten lässt sich erklären, warum mit manchen Menschen die Chemie nicht so stimmt, ohne dass ich das persönlich nehmen muss. Menschen, denen ich mich nicht so verbunden fühle, leben mit hoher Wahrscheinlichkeit andere Werte. Es kann aber spannend sein, da mal genauer hinzuschauen: eventuell erkenne ich, welche Werte eine Person pflegt, die mir nicht so sympathisch erscheint – ihre Werte könnten tatsächlich eine wertvolle Ergänzung für mich sein.
2. So entstehen Werte
Werte entstehen aufgrund unserer Erfahrungen. Zuerst bekommen wir sie von unseren Eltern vorgelebt und vermittelt. Sie sagen uns, was im Leben gut und richtig ist, weil sie selbst ihre eigenen Erfahrungen gemacht haben oder auch bestimmte Werte vermittelt bekommen haben. Genauso betrifft das auch andere Bezugspersonen, besonders wenn sie großen Einfluss auf uns hatten, als wir noch klein waren, zum Beispiel Großeltern, Erzieher:innen, Lehrer:innen oder Trainer:innen. Auch politische, wirtschaftliche, religiöse, kulturelle und historische Umstände haben einen ganz großen Einfluss darauf, wie sich unserer Eltern und andere Bezugspersonen verhalten und warum sie entscheiden, dass bestimmte Verhaltensweisen wichtig sind. All das hat Einfluss auf den Erziehungsstil und was uns im Leben mitgegeben wird.
Mit jedem weiteren Eintritt in eine neue Lebensphase kommen Werte hinzu
Das Beginnt mit dem Eintritt in den Kindergarten, in die Grundschule, in die weiterführende Schule, in Freundeskreise (sie spielen besonders im Teenageralter eine große Rolle), in die Ausbildung, ins Berufsleben usw. Sämtliche Menschen, die im Laufe des Lebens dazukommen und einen gewissen Einfluss auf uns haben, sind ausschlaggebend dafür, dass sich bei uns weitere Werte herausbilden. Wir machen mit ihnen unsere Erfahrungen und spüren, dass uns bestimmte Dinge wichtig sind. Vielleicht bekommen wir von ihnen etwas vorgelebt, was uns inspiriert und was wir auch mehr in unser Leben integrieren möchten. Vielleicht erleben wir aber auch, dass uns bestimmte Verhaltensweisen nicht so gut gefallen – dann versuchen wir sie zu vermeiden. So häuft sich bis zum heutigen Zeitpunkt ein Sammelsurium an Werten an.
Ganz häufig ist es jedoch so, dass uns unsere Werte gar nicht so bewusst sind. Wir wissen oft gar nicht so genau, was uns von innen heraus antreibt, was uns wirklich wichtig ist, wo das herkommt und warum das so ist.
3. Lege übernommene Werte ab, um mehr und mehr du selbst zu werden
Vielleicht bist du jemand, der Entscheidungen ganz gut treffen kann, jemand der sich recht selbstsicher fühlt und sagt “ich weiß eigentlich schon was ich will und ich habe keine Probleme Entscheidungen zu treffen”, dann lohnt es sich dennoch, sich mit den eigenen Werten bewusst auseinanderzusetzen. Denn nicht alle Werte, die wir leben, sind tatsächlich unsere eigenen. Es gibt Werte, die wir leben, weil wir sie von unseren Eltern oder von anderen Bezugspersonen oder aus anderen Kontexten übernommen haben. Wir haben sie bis heute vielleicht nie in Frage gestellt, obwohl sie im aktuellen Kontext vielleicht gar keinen Sinn mehr ergeben.
Wie fühlt es sich für dich an, wenn du „man“ durch „ich“ ersetzt?
Wenn dich das interessiert, an welcher Stelle du vielleicht einen eher übernommen Wert lebst, dann schau doch mal, an welcher Stelle du das Wort “man” benutzt. Z.B. “Man darf im Treppenhaus nicht laut sein” – das wäre ein Satz, der so klingt, als ob er eher übernommen wurde. Was du dann für dich herausfinden kannst, ist, wie sich der Satz für dich anfühlt, wenn du das “man” durch ein “ich” ersetzt. Wenn du dann beispielsweise sagst “ich möchte, dass meine Kinder lernen, sich im Treppenhaus rücksichtsvoll zu verhalten, und zwar nicht aus Angst, die Nachbarn könnten sich beschweren, sondern weil es mir wichtig ist, dass meine Kinder lernen, sich rücksichtsvoll zu verhalten“ dann ist Rücksicht tatsächlich ein Wert, der dir persönlich vor allem bei der Erziehung deiner Kinder wichtig ist“.
Vielleicht kennst du aber auch so einen Satz, wie “man gibt Bettlern kein Geld, weil die sonst lernen, dass es sich lohnt, sich faul zu verhalten.” Wenn dir sowas bekannt vorkommt, dann kannst du mal versuchen das “man” durch ein “ich” ersetzen, um zu schauen, welche Formulierung sich da für dich stimmig anfühlt. Vielleicht möchtest du ihn für dich weiter ausdifferenzieren.
Lebe deine eigenen Werte, um Entscheidungen nicht bereuen zu müssen
Wenn du beginnst, dich auf diese Weise genauer zu beobachten, fängst du an, dich Schritt für Schritt besser zu verstehen. Du lebst dann zunehmend bewusster und deshalb wird es dir auch mit der Zeit immer besser gelingen Prioritäten nach deinen eigenen Maßstäben zu setzen und dich mit den Entscheidungen, die du triffst, auch wirklich wohlzufühlen.
Sich von den eigenen Werten leiten zu lassen, bedeutet Sinn finden zu können
Wenn wir Werte unhinterfragt leben und verfolgen, dann leben wir tatsächlich nicht unser eigenes Leben. Wir fühlen uns dann eher fremdgesteuert, auch wenn man dieses Gefühl noch gar nicht deuten kann. Das kann man oft erst dann deuten, wenn man einen mächtigen Wert wirklich abgelegt hat und erlebt, wie es ist, wenn man die eigenen Werte lebt. Und das fühlt sich viel lebendiger und erfüllender an und beschert viel mehr gute Gefühle. Wenn du deine eigenen Werte bewusst lebst, dann erkennst du einen Sinn dahinter. Es strengt dich viel weniger an – im Gegenteil: es erfüllt dich sogar.
Sorgen und Befürchtungen entstehen, wenn du fremden Werten folgst
Wenn es nicht deine eigenen Werte sind, dann handelst du offensichtlich aus einer Befürchtung heraus – aus einer Sorge, die eintreten könnte: zum Beispiel, dass sich die Nachbarn beschweren. Das ist auf Dauer allerdings anstrengend.
Wenn du dich immer wieder mal mit deinen eigenen Werten auseinandersetzt und schaust, was dir in deinen unterschiedlichen Kontexten gerade jeweils wichtig ist, dann ist das eine gute Sache. Deine Werte verleihen dir nämlich Orientierung.
4. Über meine Werte, wie sie mir helfen und wie sie mir bewusst wurden
4.1. Offenheit und Toleranz
Die eigenen Wurzeln zu kennen hilft, sich der eigenen Werte bewusst zu werden
Sehr stark geprägt hat mich da ganz bestimmt die kleine Stadt in Unterfranken, in der ich groß geworden bin. Meine Eltern waren zugezogen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei auch, dass beide keine festen Wurzeln kennen. Mein Vater war als Baby selbst auf der Flucht aus Oberschlesien, zusammen mit seiner Mutter. Und auch meine Mutter hat es als kleines Kind nicht leicht gehabt. Ihre Mutter verließ die Familie, als sie noch sehr klein war. Danach wurde sie in der Verwandtschaft viel herumgereicht und zuletzt wurde meine Mutter in ein Internat geschickt, weil gefühlt nirgendwo so richtig Platz für sie war. In dieser Kleinstadt und mit diesen Hintergründen meiner beiden Eltern, da hatte sich mein Vater als Arzt niedergelassen. Ein Großteil der Bewohner hat ihn sehr geschätzt, aber ein Teil hatte auch Vorbehalte.
Auch Schule hat Einfluss auf das Wertesystem
Zum Beispiel war meine Grundschullehrerin der Ansicht, dass Arztkinder zu einer ganz besonderen Sorte gehören. Und so lässt es sich vielleicht auch erklären, dass sie in meinem Zeugnis in der ersten Klasse nur wenig Gutes zu berichten hatte.
Durch Stillsitzen und aktive Mitarbeit konnte ich bestimmt nicht glänzen. Dazu hätte ich vor ihr viel zu viel Angst gehabt. Aber ich hatte mir mit Hilfe meiner Schwester das Lesen schon vor Schuleintritt beigebracht. Deshalb bin ich davon überzeugt: auch bei mir hätte sie Stärken finden können, wenn sie dafür offen gewesen wäre.
Indem wir lernen zu funktionieren, verlernen wir uns selbst zu spüren
An dieser Stelle fühle ich mich dem Hirnforscher Gerald Hüther sehr verbunden. Er kreidet unserem Schulsystem an, nicht stärkenorientiert ausgerichtet zu sein, sondern so, dass Kinder lernen zu funktionieren. Sie lernen sich anzupassen und werden darin trainiert, in allem, was zu Lernen ist, möglichst perfekt zu sein.
Das lässt Kinder abstumpfen, sagt er. Sie verlieren so das Bewusstsein dafür, wo ihre wahren Stärken liegen und erkennen irgendwann nicht mehr, wofür sie mit echter Leidenschaft brennen, wenn sie nicht da gefördert werden, wo sie Talente, Interessen und Begabungen schon mitbringt.
Der Blick zurück hilft in unterschiedlicher Hinsicht, sich selbst besser zu verstehen
Wenn man also feststellt, dass die eigene Seelenflamme im Beruf nicht so auflodert, wie man sich das eigentlich wünscht, kann es helfen, sich als Erwachsener noch einmal auf die Suche zu begeben. Denn rückblickend kann man nämlich ganz gut erkennen, welche Stärken zu erlebten Höhepunkten beigetragen haben. Oder mit welchen unbewussten Strategien es gelungen ist, sich wieder aus Tiefpunkten zu befreien.
Starke Werte sind toll – aber nur in Maßen!
Auch wenn ich in beiden Werten viel Gutes erkenne, so war es für mich nicht weniger wichtig zu erkennen, dass ich früher Strategien entwickelt hatte, mich stark anzupassen – ich hatte ja ein sehr hohes Bedürfnis dazuzugehören. Sich zu stark anzupassen führt allerdings dazu, dass man lernt, die eigenen Bedürfnisse eher hinten anzustellen. Und das wiederum ist einer gesunden Selbstführung auf Dauer nicht zuträglich. Für ein gutes Miteinander gilt, die Bedürfnisse aller Beteiligten gleich zu gewichten – und da zählen die eigenen Bedürfnisse mit dazu. Für sie muss man sich allerdings spätestens im Erwachsenenleben lernen selbst stark zu machen.
Dir jedenfalls möchte ich damit sagen, dass es wichtig sein kann, eigene Werte zu relativieren, denn die Medaille hat immer zwei Seiten. Wenn dir etwas ganz besonders wichtig ist und du Eigenschaft vielleicht ganz besonders vorbildlich lebst, dann geht damit einher, dass es auf der anderen Seite so etwas wie einen blinden Fleck gibt oder dass es Handlungsoptionen gibt, die dir nicht so vertraut sind. Es geht zwar nicht darum alles zu perfektionieren (im Gegenteil!), aber es ist sehr hilfreich, sich dieser Kehrseite der Medaille bewusst zu sein – so findet man Erklärungen dafür, weshalb man sich in einem bestimmten Umfeld nicht so wohl fühlt und kann daraus offensichtlichere Konsequenzen ziehen.
4.2. Sinnhaftigkeit und Nachhaltigkeit
Mich sinnvoll einbringen zu können verleiht mir höchstes Durchhaltevermögen
Was ich tue, muss irgendwem zu Gute kommen, und zwar so, dass ich mich dabei als wirksam erleben kann. Wenn ich nicht weiß, wohin meine Energie und Kraft fließt, kann ich kein sehr hohes Durchhaltevermögen aufbringen und im schlimmsten Fall fühle ich mich richtig lustlos und gelangweilt. Das, worin ich meine Arbeitszeit, die ja auch Lebenszeit ist, investiere, soll zumindest indirekt auch Einfluss auf die nachfolgende Generation haben – das ist mir vor allen Dingen in den letzten Jahren erst richtig bewusst geworden. Der Grund dafür ist, dass ich vor meinem geistigen Auge nämlich immer mal wieder meine eigenen Kinder in 30 Jahren vor mir stehen sehe. Von ihnen möchte ich mich nicht anklagen lassen nach dem Motto: “Wieso habt ihr diesen ganzen Mist mit unserem Planeten mit veranstaltet!”.
In den nächsten Jahren gilt es Veränderung in vielerlei Hinsicht zu stemmen
Ich denke, es lässt sich nicht länger leugnen, dass Sinnhaftigkeit, Nachhaltigkeit und Engagement für eine lebenswerte Zukunft mehr gefragt sind denn je. Aus den Erfahrungen meiner eigenen persönlichen Weiterentwicklung weiß ich, dass es viel Motivation und Mut braucht, um Altes loslassen zu können. Dann allerdings zahlt sich Veränderung auch aus: die Lebensqualität wird hinterher spürbar als höher empfunden – vorher kann man sich da oft nur an Zuversicht und Hoffnung klammern.
Beruflich einen Beitrag leisten zu können erfüllt mich aus tiefstem Herzen
In meinen Rollen als Coachin, Beraterin und Trainerin halte ich es heute deshalb selbst für sinnvoll, Menschen in solchen Veränderungsprozessen zu begleiten und sie dabei zu unterstützen, sich selbst gesünder führen zu lernen.
Ich beschäftige mich schon so viele Jahre mit Persönlichkeitsentwicklung und bei meiner Arbeit greife ich auf unterschiedliche Theorien und Methoden zurück: Ich mag den Systemischen Ansatz sehr gerne, setze mich gerade auch nochmal intensiver mit Transaktionsanalyse auseinander, weil ich da bald noch einen Abschluss als Transaktionsanalytischen Beraterin bekommen möchte. Aber z.B. auch das Wissen um Fortschritte im Bereich der Neuroplastizität motiviert mich. Mit Neuroplastizität ist die Veränderbarkeit des Gehirns gemeint. Das heißt, es gibt die Möglichkeit, dass du selbst Einfluss auf bestimmte Ausprägungen in deinem Gehirn nehmen kannst, und das hat, wenn du das richtig machst, einen sehr großen Einfluss auf dein mentales Wohlbefinden und deine Gefühlswelt – mehr Blogartikel zu diesem spannenden Thema werden folgen.
Werte helfen mir, mich darauf verlassen zu können, dass meine Entscheidungen die richtigen waren
Die beiden Werte Sinnhaftigkeit und Nachhaltigkeit haben mir also geholfen, eine wichtige Entscheidung zu treffen: nämlich einen sicheren und gut bezahlten Job aufzugeben und mich auf das Terrain der Selbständigkeit zu begeben. Ein Schritt, den ich bis heute nicht bereut habe.
4.3. Respekt und Ehrlichkeit
Was du nicht willst was man dir tu, das füg‘ auch keinem andern zu
(frei nach Kant und seinem kategorischen Imperativ)
Dass Respekt und Ehrlichkeit zu meinem Wertesystem gehören erkenne ich daran, dass ich ein Gefühl von großer Zufriedenheit und Dankbarkeit empfinde, wenn man mich respektvoll und ehrlich behandelt. Ebenso erleichtert fühle ich mich, wenn es mir gelingt, Menschen, von denen ich mich herausgefordert fühle, ebenfalls respektvoll und ehrlich zu begegnen.
Ich erkenne Respekt auch deshalb als Wert an, weil es ganz schön an mir nagen kann, wenn man mich nicht respektvoll behandelt. Wenn es mir selbst nicht gelungen ist, ausreichend zu mir zu stehen und selbstbewusst Grenzen zu ziehen. Es geht also auch um Respekt mir selbst gegenüber. Gerade weil ich mir darüber schon so oft den Kopf zerbrochen habe, sagt mir das über mich aus, dass Respekt etwas ist, worauf ich auch weiterhin meinen Fokus legen möchte. Es ist ein Anspruch, den ich an andere habe – aber ebenso auch an mich selbst.
Ohne Respekt und Ehrlichkeit entsteht schnell ein schlechtes Gewissen
Das Thema mit dem Respekt ist, dass man sich theoretisch recht gesund führen können muss, um anderen Menschen auch in sehr ungemütlichen Situationen ehrlich und gleichzeitig respektvoll begegnen zu können. Wenn Respekt in Verbindung mit Ehrlichkeit ausbleibt, fühlt man sich oft lange danach noch unwohl und macht sich meistens auf einer unbewussten Ebene schuldig, sich selbst oder anderen gegenüber – mit Schuld lässt es sich aber einfach nicht gut leben.
Je erschöpfter wir uns fühlen, desto schwerer gelingt uns ein respektvoller und ehrlicher Umgang mit anderen Menschen
Hierzu ein Beispiel:
Ein älterer Herr hat Migränebeschwerden. Deshalb unternimmt er regelmäßig kleine Radausflüge zu einer Kneippanlage. An einem heißen Sommertag freut er sich ganz besonders. Umso frustrierter ist er, als er dort eine Mutter mit Kleinkindern planschen sieht. Er vergreift sich vor lauter Frust offensichtlich im Ton und sagt “Das ist doch kein Schwimmbad! Das ist eine Kneippanlage! Geht woanders hin!”.
Der Migränegeplagte fühlt sich offensichtlich in seinem Recht eingeschränkt, das öffentliche Kneippbecken für den Zweck zu nutzen, für den es auch erfunden und gebaut wurde. Er empfindet es als respektlos, dass es von drei Kleinkindern als Planschbecken missbraucht wird.
Der Mutter mit drei Kindergartenkindern hängen aber gerade die Augenringe bis zum Boden. Sie hatte diese Woche ein spuckendes Kind zu Hause, ihr Mann ist auf Geschäftsreise, letzte Nacht hat sie auch bescheiden geschlafen und es tut ihr gerade so unendlich gut, dass die drei Kinder friedlich spielen und dass sie selbst die Füße ein bisschen ins Wasser hängen kann. Als der Mann in dem Ton auf sie zukommt, kann sie sich auch nicht mehr so gut beherrschen. Am Ende ist sie sogar mit sich selbst unzufrieden, weil sie es nicht geschafft hat, die Kommunikation gelassener und wertschätzender zu steuern.
Mir ist es wichtig dir aufzuzeigen, dass es hier nicht um recht und unrecht geht. Es gibt hier einfach unterschiedliche Personen mit unterschiedlichen Bedürfnissen und alle haben Argumente auf der Hand, die aus einer neutralen Perspektive nachvollziehbar sind. Offensichtlich ist es aber nicht so einfach einander respektvoll zu begegnen, wenn wir uns erschöpft fühlen.
5. Für ein besseres Miteinander ist es wichtig, dass wir uns von unseren eigenen Werten leiten lassen
Es ist so wichtig, dass wir gut auf uns selbst aufpassen, dass wir uns gesünder abgrenzen anstatt zu versuchen, gut genug für andere zu sein. Ich wünsche mit sehr, dass wir uns in unserer Gesellschaft wieder dessen bewusster werden, dass das eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass wir miteinander respektvoller und ehrlicher umgehen können.
Wir brauchen uns gegenseitig, wenn wir die Herausforderungen stemmen wollen, die die Zukunft mit sich bringt
Meine Vision ist, dass wir alle lernen, uns unserer eigenen Werte bewusst zu werden und uns mutig von ihnen leiten lassen. Wenn wir auf diese Weise gut für uns selbst sorgen, kann auch das Miteinander mit anderen Menschen auf Augenhöhe wieder besser gelingen. Wir brauchen uns nämlich gegenseitig, wenn wir die Herausforderungen stemmen wollen, die die Zukunft mit sich bringt, damit wir spüren, dass wir mit diesem guten Willen, Veränderung konstruktiv mitgestalten zu wollen, wahrhaftig nicht allein sind.
Es ist wichtiger als dir das wahrscheinlich bewusst ist, dass wir gemeinsam viel öfter über ein positives Bild von einer wirklich lebenswerten und wunderbaren Zukunft sprechen. So können wir im Unterbewusstsein nämlich mehr Anreize für uns selbst schaffen, auch einen Beitrag für diese wunderbare Zukunft leisten zu wollen, anstatt zu sehr in dem Gefühl zu verharren, lieb gewordene Gewohnheiten loslassen zu müssen.
Wie sieht eine lebenswerte Zukunft für dich aus?
Wenn wir zu viel negativ denken, dann sind wir nicht lösungsorientiert ausgerichtet. Dann finden wir bei allem im Alltag, was für eine schlechte Zukunft spricht, nur noch mehr Beweise dafür, dass eh alles immer schlechter wird. Das frustriert uns aber zunehmend und hält uns davon ab, zu einer gelingenden Veränderung beizutragen. Es tötet Motivation und Kreativität im Keim ab.
Wenn du dich dafür öffnen willst, zu einer lebenswerten Zukunft beizutragen, dann fang bei dir selbst an. Frage dich: wie sieht eine lebenswerte Zukunft für mich aus? Wer möchte ich eigentlich sein? Wie möchte ich leben?